Es hatte eigentlich ein ganz normaler Thermikflug werden sollen. Das Wolkenbild machte einen guten Eindruck, aber die Basis war mit etwa 1000 Metern recht niedrig, und die Thermik widererwarten mühsam zu finden. Die ersten beiden Flüge von Fluglehrer Reinhold und Flugschüler Leon an diesem Tag mit der ASK21 endeten wenige Minuten später wieder auf dem Flugplatz. Erst im dritten Anlauf fanden sie, kurz bevor sie schon wieder zur Landung ansetzten wollten, einen Fetzen Thermik, der sie schließlich auf 700 Meter trug. Was sich anfangs in Mausbach also noch als schwierig herausstelle, schien zwischen Zweifall, Rott und Walheim gar nicht mehr aufzuhören: Das Variometer schlug auf fast drei Meter aus. Doch statt einzudrehen, wie es der Flugschüler beabsichtigte, pochte Fluglehrer Reinhold darauf noch ein Stück weiter in eine Wolkenlücke zu fliegen.

Es war anfangs nur ein Gefühl, das sich aber schnell bestätigte: Das Steigen hörte gar nicht mehr auf, ja, nahm sogar noch zu. Intuition und jahrelange Erfahrung hatten Reinhold die Situation richtig einschätzen lassen: Das starke Steigen war plötzlich nicht mehr thermischer Natur, sondern ein Aufwind, der sie wie im Aufzug – mit der Nase in den Gegenwind gerichtet und fast in der Luft stehend – erst neben, dann über die Wolkenbasis trug. Eine Welle! Im Achterkreis-Muster hangelten sie sich im aufsteigenden Ast der Welle immer höher. Knapp 3000 Meter über Grund waren das Maximum. „Das wirst du so in deinem Fliegerleben wohl nicht wiedererleben in der Eifel“, sagte Reinhold zu Leon, selbst über dieses unerwartete Ereignis überrascht.  „Ich selbst bin das letzte Mal vor zwanzig Jahren in einer Welle in der Eifel geflogen“, sagte er.

Wellen sind Windströmungen, die eigentlich nur in Gebirgen auftreten, wenn der Wind senkrecht auf mehrere aufeinander folgende Gebirgsketten bläst. Vorausgesetzt, er ist je nach Wetterlage stark genug, schaukelt der Wind sich schließlich auf und geht, dem Muster der Gebirgsketen folgend, auch in sehr große Höhen. Fliegt man in dem aufsteigenden Ast, trägt er ein Segelflugzeug mühelos in die Höhe –  Im Hochgebirge können das schon einmal 6000 Meter oder mehr sein. Zwar ist die Eifel auch ein Gebirge, doch eigentlich so flach, dass Wellenaufwinde sehr selten sind. Zu erkennen sind sie unter anderem an den linsenförmigen, langgezogenen und in großer Höhe entstehenden Wolken, die dem Muster des Gebirges folgen.

Reinholds und Leons Flug dauerte noch etwa zweieinhalb Stunden an. Auch wenn die Höhe von 3000 Metern bei Segelfliegern nicht selten vorkommt, bekommt ein Segelflieger nur selten die Wolken von oben zu sehen.

Flugvideo

 


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