Aldenhoven. Es ist 9 Uhr morgens. Mein Bruder und ich packen hektisch die letzten Sachen für den Flugplatz ein: Wasserflaschen, Essen, Sonnenbrille, Fliegerhut, Sonnencreme, ICAO-Karten und wichtige Papiere. Dann gibt es noch letzte Glückwünsche von unseren Eltern und wir steigen schnell ins Auto ein. Auf der Fahrt geht mein Bruder mit mir noch letzte Wiederholungsfragen durch: „Was war nochmal die Mindestzuladung bei der ASK21 für den vorderen Sitz?“ Ich möchte auf alle möglichen Fragen des Prüfers vorbereitet sein, denn so langsam steigt bei mir die Nervosität. „70 kg!“, kommt es von mir, wie aus der Pistole geschossen. Die Wiederholung mit meinem Bruder beruhigt mich.

Am Flugplatz angekommen begrüßen wir erstmal unsere Vereinskollegen, die uns heute tatkräftig bei der praktischen Prüfung unterstützen. Viele sind heute extra für uns eine halbe Stunde früher gekommen. Segelfliegen ist nämlich ein Teamsport und alle sind auf die gegenseitige Hilfe angewiesen. Wir öffnen die große Halle und beginnen mit dem Aufbau der Startstelle. 

Sobald alle Flugzeuge am richtigen Ort sind und der Startwagen aufgebaut ist, widmen mein Bruder und ich uns der täglichen Vorflugkontrolle unseres heutigen Prüfungsflugzeuges, der ASK 21. Natürlich werden wir später nochmal gemeinsam mit unserem Prüfer checken, aber heute soll wirklich gar nichts schieflaufen! Wir beginnen mit der Innenraumkontrolle. Dabei konzentrieren wir uns u.a. auf lose Gegenstände, die Ursache für eine Ruderblockade werden könnten und beseitigen oder befestigen diese. Danach setzt sich Mika in das Cockpit. Ich wandere um das Flugzeug und gebe ihm Anweisungen für die Betätigung der Ruder und Luftbremsen: „Einmal bitte die Bremsklappen unter Belastung ausfahren!“, sage ich und kontrolliere alle Schrauben, Muttern, Federn und den Kasten auf mögliche Fremdkörper. „OK! Dann bitte wieder einfahren und verriegeln!“ Ich gehe nun um das gesamte Flugzeug herum und schaue mir jedes Detail genau an, um einen sicheren und einwandfreien Flugbetrieb gewährleisten zu können. Für Mika und mich ist alles klar. Auch unsere Fluglehrer segnen alles ab. Ab jetzt heißt es warten auf den Prüfer.

Circa eine Stunde später kommt der Prüfer mit seinem Motorrad auf Diepenlinchen an und begrüßt uns kurz darauf. Er geht mit uns den Ablauf der Prüfung durch. Nun geht es also los.

Zu Beginn stellt er uns ein paar theoretische Fragen zum Flugzeugtyp und zum Flugbetrieb. Mein Bruder und ich antworten abwechselnd. Nach der kurzen Fragerunde geht es rüber zum Flugzeug, wo wir erneut zu checken beginnen. Dieses Mal jedoch sollen wir beide jeden Schritt auf der Checkliste erläutern. Der Prüfer möchte sichergehen, dass wir die Hintergründe zu den einzelnen Check-Punkten verstanden haben. 

Nun folgt der Hauptteil der praktischen Prüfung: die drei Flüge mit Prüfer. Mika beginnt und meistert auch diesen Teil. Jetzt bin ich also an der Reihe.

Der Prüfer erklärt mir noch am Boden, welche Manöver ich fliegen soll. Dazu gehören: Langsam- und Schnellflug, flache und steile Kurven. Eine Seilrissübung ist zwar auch Teil der Prüfung, sollte aber für den Prüfling unerwartet passieren. Es ist für mich also nicht klar, bei welchem der drei Flüge der Prüfer das Seil vorzeitig ausklinken wird. Ein echter Seilriss passiert schließlich auch nie geplant. 

Wir setzen uns also ins Flugzeug. Ab sofort bin ich die verantwortliche Pilotin. Ich mache noch eine Vorflugkontrolle, wir werden eingeklinkt, das Seil wird stramm gezogen und schon starten wir. Der Start und der Flug verlaufen komplett reibungslos, aber zugegebener Weise überkommt mich bei meiner ersten Landung etwas die Aufregung. Dies führt dazu, dass ich etwas unsanft auf dem Boden aufsetze. Zum Glück habe ich noch zwei Flüge, um das wieder gut zu machen.

Die Zeit zwischen den Flügen nutzt der Prüfer noch, um weiter mein theoretisches Wissen, z.B. über die Navigation in der Luft, abzufragen. Ebenso ist hier eine kurze Selbstreflektion meiner erbrachten Leistung gefragt.

Die zwei weiteren Flüge gelingen mir gut. Auch die Seilrissübung schaffe ich und so gratuliert mir der Prüfer nach der dritten Landung zu meiner bestandenen Prüfung.

Es ist ein gutes Gefühl endlich meinen Schein zu haben.

Was darf ich jetzt alles mit der Pilotenlizenz für Segelflugführer (SPL) machen? Ich bin ab jetzt nicht mehr auf meine Fluglehrer angewiesen und kann mit dem Segelflugzeug auf Strecke gehen. Das bedeutet, dass ich mich außerhalb der Sichtweite des Flugplatzes entfernen darf. Sobald ich 30 Starts, bzw. 10 Flugstunden nach Erhalt der Lizenz geflogen bin, darf ich sogar Gäste mitnehmen. Außerdem erleichtert mir der Besitz der SPL die Ausbildung zu weitergehenden Berechtigungen, wie z.B. der PPL-A  (Private Pilot License A, für Motorsegler und Motorflug).

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